2. Reise
vom 28.Nov. 2001 bis 26.Mai 2002
Seite 6
Western Australia

30.03.2002 farbenreiche Gedanken
Schöne Sonnenauf- und untergänge erlebte ich an der Küste sowie in den Bergen. Aber die aller Schönsten, die erlebe ich hier im Outback. Vor allem dann, wenn ein paar Wolken die Sonnenstrahlen reflektieren.
Morgens wenn die Sonne noch weit unter dem Horizont verborgen ist beginnt das faszinierende Farbspiel der Natur.
Zuerst bildet sich ein tiefrotes Farbband zwischen Himmel und Erde, als ob in weiter Ferne ein der Hölle entsprungenes Buschfeuer wütet. Je mehr dieses Rot gen Himmel steigt um sich mit den Wolken zu vereinen desto intensiver wechselt es in ein pastellfarbenes Rosarot. (Da kann der rosarote Panter sein Fell glatt in die Tonne schmeißen.) Und je mehr die Sonne die Oberhand gewinnt, desto mehr wechselt das Rot ins Gelb, welches nun den Anschein hat, das es jeden Moment Gold regnen wird.
Dann geht es schnell. Mit dem unaufhaltsamen Aufsteigen der Leben spendenden Sonne erstirbt dieses farbenprächtige Schauspiel lautlos.
Und wie sich der Tag ankündigt, so verabschiedet er sich einumgekehrter Reihenfolge.

31.03.2002 Great Central Road
Die letzten Tage waren mehr oder weniger reine Fahrtage, an denen es aber noch genügend zu Erleben gab. So z.B. verwilderte Kamele oder Aborigines, die mit ihren scheibenlosen Karren mehr als voll besetzt über die sandige Piste des Outbackhighways jagen.
Für manch einen mögen die ausgedehnten trockenen Weiten langweilig erscheinen, doch für mich bedeuten sie die Erfüllung meines Traumes.
In Laverton endet die Great Central Road. Ab hier erreicht man, wieder bequem auf einer Asphaltstraße, Leonora. Nahe dieser moderneren Goldgräberstadt findet man auch das Gegenteil der Moderne. Gwalia, eine Geisterstadt, die zum Museum erklärt wurde, gibt Einblick in längst vergangene Goldrauschtage. Den Anschluß an die technisierte Zivilisation fand ich in Kalgoorlie - Boulder. Zwei vereinte Städte, die ihre Existens dem hier immer noch abbaubaren Gold verdanken. Den besten Einblick in die von Menschenhand gestaltete Landschaftsveränderung beim Abbau dieses Edelmetalles hat man am “Superpit”, der zwischen den beiden Gemeinden liegend der größte australische Tagebau ist.

06.04.2002 südliche Region
Ab Hyden, wo ich einen Abstecher zum Wave Rock unternahm bis hinunter nach Hopetoun an der Südküste, verschlechterte sich das Wetter mit jedem Kilometer. Ich bin froh, das die Sonne endlich wieder den langwierigen Kampf gegen die unfreundliche kalte Wolkenmacht und Nieselregen gewonnen hat. Es war schon ärgerlich in den letzten Tagen, in denen ich mich mit Wanderungen durch die Stirling Range und den Porongurup NP, sowie mit Aufstiegen zu den Gipfeln des Mt Trio und des Mt Toolbrunup warm hielt. Leider wurden meine Anstrengungen nur mit trüben Aussichten belohnt. Das nasses kalte Wetter ließ kaum zu mich für eine längere Rast niederzulassen. In den Nächten fror ich wie ein Schlosshund, trotz zusätzlicher Decke und mehrerer Shirts. In meinem früheren Leben war ich bestimmt ein Reptil, das die Kraft der Sonne braucht um aktiv zu werden.
Den schönen Tag heute habe ich gleich genutzt um mir ein paar herrliche Strände um Albany anzuschauen und an den Schönsten, wie dem Lowland Beach oder dem Green Pool, zu relaxen, Sonne zu tanken und meine Erlebnisse zu verinnerlichen.
Nahe dem Wilsons Inlet, einer fast geschlossenen Bucht, fand ich schließlich ein geeignetes Camp für die Nacht in der ich mich vom Rauschen der Brandung in den Schlaf wiegen lassen werde.

11.04.2002 Margaret River Region
Das eigentliche Endziel meiner Reise, Perth, habe ich nun erreicht.
Auf einem preisgünstigen , sauberen Caravanpark im Stadtteil Scarborough habe ich mich nun etwas eingerichtet.
Hinter mir lagen Tage mit Aufenthalt im dritten bedeutenden Weinanbaugebiet, dem Margaret River. Von Augusta bis zur Eagle Bay locken zahlreiche Weinbauern zur Verkostung. In dieser Region hat es mir ganz besonders der Portwein angetan der es vom Alkoholgehalt her ganz schön in sich hatte.
Zu erwähnen wäre noch der Leeuwin - Naturaliste National Park der mit seinen zahlreichen Höhlen und seiner Küste dem bisher Gesehenen in keiner Weise nachsteht.
Von Bunbury über Rockingham nach Perth fuhr ich direkt durch. Es gab schon einige Attraktionen die es anzuschauen gab, doch hielt ich die Preise der Veranstalter sowie für Eintritt, je weiter man nach Norden kam, für unverschämt hoch. Morgen werde ich mir Perth ansehen und vor allem nach einer Unterstellmöglichkeit für meinen Wegbegleiter suchen. Denn mein Entschluss steht fest, ich werde ein weiteres halbes Jahr dranhängen.

14.04.2002 Perth
Es ist bereits dunkel. Ich sitze hinter meinem Auto und lausche der Musik die aus meinem Radio tönt. Selten nutzte ich diese Möglichkeit der Unterhaltung, aber im Busch hatte ich so und so keinen Empfang. Ein Hochgenuss für die Ohren, jedoch nicht für mein Gemüt. Die alten Songs und Hits erinnern mich an meine Zeit, als ich noch jedes Wochenende in einer Disco arbeitete. Zwar war es laut und stressig aber ich lernte eine Menge Leute kennen und hatte viel Spaß an meiner Arbeit.
Es ist und bleibt nichts wie es einmal war und wer sagt man sollte der Vergangenheit keine Träne nachweinen, der irrt gewaltig oder hat keine Gefühle. Man sollte die schönen Momente im Leben stets in Erinnerung behalten, denn von der Erinnerung lebt man in der Zukunft.
Eine komische Situation wiederfuhr mir gestern in Fremantle. Irgendwie traf die Vergangenheit und die Zukunft mit der Gegenwart zusammen.
Vergangenheit, weil ich im Fremantle Market einem Mann begegnete, der dem Schauspieler Sean Connery aus dem Film “Im Namen der Rose “ verdammt ähnlich sah. Und Zukunft, weil ich einen Mann in einem dortigen Pup sah, den ich für den Doppelgänger meines Bruders hielt. Nur vielleicht 15 Jahre älter. Der Kerl hatte die gleiche Nase, die selben Augen und dazu die Brille auf dem mittlerweile unbehaarten Kopf.
Im Großen und Ganzen ist Perth eine recht fotogene Stadt. Nicht zu Hektisch und vor allem mit vielen hübschen Frauen. Eine nähere Erkundung, inklusive der des Nachtlebens, muss vorerst auf Eis gelegt werden. Ich muss das Geld etwas zusammenhalten. Ich brauche eine neue Registrierung, eine Art TÜV, damit nicht ganz auszuschließende Reparaturen, einen Abstellplatz für mein Auto und einen Tauchausflug möchte ich mir auch noch gönnen. Macht zusammen bestimmt noch einen Tausender.
Aber im Moment genieße ich, hinter meinem “Rattletrab” sitzend auf meiner kleinen Parzelle, neben meinem Leben noch zwei oder drei Bierchen.

17.04.2002 Unwetter
Musste einen Tag nachbuchen. Einfach um besseres Wetter abzuwarten. In den letzten zwei Tagen hat es wie aus Eimern gegossen. Der Campingplatz ist fast komplett abgesoffen. Meine Ausrüstung und Klamotten sind einfach zu Nass, als das ich sie einpacken könnte.
Als kleiner Bub war ich stets begeistert wenn der Regen auf das Dach meiner selbstgebauten Bretterbude prasselte, doch hier unter der blauen Plane sitzend und nichts tun könnend, hört einfach mal der Spaß auf.
Es kommt mir irgend wie vor, als ob mich die Schlechtwetterfronten seit Antritt meiner Reise verfolgen wie Fliegen einen vollgeschissenen Kuhschwanz. Es sollen die schlimmsten Regenfälle der letzten hundert Jahre sein. Es klingt nicht ganz unglaubwürdig wenn ich das Wasserbett unter meinem Zeltboden spüre. Doch müssen die Extreme immer mich treffen ?
Gott sei Dank klärt es langsam wieder auf. Ich will endlich weiter und hoffentlich der Sonne und längeren Tagen entgegen.

19.04.2002 The Pinnacles
Bin wieder auf Achse gen Norden. Weg von der Großstadt und den Menschen. In meinem “Rattletrab" fühle ich mich geborgen und frei. Frei, zu tun was ich will und vor allem zu entscheiden an welchem Ort ich die Nacht verbringe.
Das dies nicht immer eine gut Wahl ist, stellt sich meist erst mit Einbruch der Dunkelheit heraus, wenn die kleinen Hoppelmonster zuschlagen, so wie letzte Nacht.
Für diese rattengroßen, neugierigen Bandicots muss es eine interessante Abwechslung sein zu erkunden, was sich in ihrem Revier niedergelassen hat.
Wagemutig schlichen sie sich heimlich von hinten an mich heran, während ich gerade nichtsahnend mein Tagebuch schrieb, um dann blitzartig nach meinen Schnürsenkeln zu schnappen.
Später, ich lag bereits im Auto und schaute müde aus dem offenen Fenster in den Himmel (ein Fliegennetz schützte mich vor den plagenden Moscitos), liefen sie gewandt am Fenster vorbei.
Ich war so erschrocken, das meine Müdigkeit schlagartig verflogen war. Zudem spielten sie auf dem Dach mit den Enden der Haltegurte fangen und ich konnte kein Auge zu machen. Nun ja, auch diese Nacht ging vorbei und gegen Mittag stand ich schließlich in mitten der Pinnacles.
Ich war immer der Annahme das diese Gebilde von Termiten erbaut worden wären, dabei handelt es sich lediglich um erodierte geologische Gesteinsformationen. Aber dennoch die Pinnacles sind ein absolutes Muss.

21.04.2002 Shark Bay Teil 1
Die vier "Schlaftabletten" gestern Abend in Form von Büchsenbier haben mir das an Schlaf zurückgegeben was mir diese kleinen Racker geraubt hatten. Zudem fing ich mir noch vier kleine Zecken ein, die ich erst heute bemerkte und operativ entfernte. Vor diesem lästigen Viehzeug ist man sogar hier nicht sicher.
Nach reichlich Kilometern kam ich dem Ort Denham in der Shark Bay näher. Einer inneren Stimme folgend, bog ich jedoch einige Kilometer nach Hamelin links ab in Richtung Steep Point, dem westlichsten Festlandspunkt Australiens.
Leider war die Zufahrt des privaten Grundbesitzes gesperrt. Die fast 100 km Gravelroad wollte ich aber auch nicht zurück fahren, da es bei Eintreffen in Denham schon Zappenduster gewesen wäre. Also steuerte ich die Homestead Cararanga an und bat um einen Stellplatz für die Nacht.
Tchja und dorthin, wo man mich schließlich geleitete, übertraf all meine Erwartungen. Nach 10 km Fahrt durch Farmland erreichten wir eine Bucht deren Strand rein aus kleinen Muscheln bestand. Und diese Bucht hatte ich ganz für mich alleine. Keine Menschenseele in weitem Umkreis außer den Bewohnern in dem 10 km entfernten Farmhaus. Und ich konnte bleiben so lange ich wollte.
Ich fühlte mich wie im Film “Die blaue Lagune”. Glasklares Wasser dessen zarte Wellen am Strand fast lautlos erstarben. Stachelrochen, zum Greifen nah, glitten gemächlich durch die flache stille Brandung.
Das erste was ich tat: Klamotten runter und rein ins Wasser. Wenn nachher zum Tagesende das Blau des Ozeans immer dunkler wird und am wolkenlosen Himmel das Firnament funkelt, entzünde ich mir ein kleines Feuer, koche mir einen guten Tee und lausche den Stimmen der Nacht. Und lege ich mich zur gegebenen Stunde in mein Auto, habe ich die ganze Weite und Tiefe des Meeres genau vor meiner Nase. Hier hänge ich auf alle Fälle noch einen Tag dran.

22.04.2002 Shark Bay Teil 2
Der heutige Tag steht ganz im Zeichen des Ganzkörperbräunens. Eine Abkühlung im belebenden Nass werde ich mir jedoch verkneifen.
Normalerweise bin ich kein ängstlicher Typ - vielleicht etwas übervorsichtig. Schon gar nicht wenn man mir versichert, das diese Bucht ungefährlich ist, da sich Haie nicht ins flache Wasser wagen.
Wenn ich dann doch nur einen Meter vom nächsten Hai entfernt bin, ist der Ofen aus. Nur gut daß das Wasser so klar ist. So konnte ich ihn, oder er mich, im letzten Moment noch sehen. Mit einem Satz sprang ich aus dem Wasser und er schoss wie ein Torpedo in die offene See. Ich weiß nicht wer sich mehr erschrak.
Mag sein das ich nicht in sein Beuteschema passe, aber bestimmt mein bestes Stück das beim Schnorcheln im Wasser baumelt.
Ne ne du ,ich habe noch große Pläne.

23.04.2002 Shark Bay Teil 3
Wie recht ich doch mit meiner Wettervorhersage hatte. Zwei Tage hatte ich Vorsprung vor den Regentief, das sich gerade über mir entlädt. Aber ich will mich nicht beklagen. Hatte ich doch eineinhalb wunderschöne Tage an diesem einzigartigen Strand irgendwo an der Küste des Henri Freycinet Harbours, die wohl mit zu den schönsten Erlebnissen meiner Reise zählen werden.
Was den Hai anbelangt, konnte ich mir gestern Abend noch Entwarnung geben. Auf einem kleinen Spaziergang am Strand entdeckte ich gleich fünf weitere. Dabei handelte es sich um harmlose Sandhaie, die zum sonnen oder schlafen in die flache Bucht kommen und wie die Stachelrochen die Ungestörtheit suchen.
Nicht umsonst heißt diese Region “Shark Bay”.

26.04.2002 Shark Bay Teil 4
Wie schon berichtet gaben die Wolken noch einmal alles her was sie trugen und schenkten mir somit auf der Rücktour eine geile Schlammfahrt auf der Gravelroad.
Am späten Nachmittag in Denham angekommen, kaufte ich Vorräte nach und suchte mir in den Dünen nahe Monkey Mia ein Nachtlager. Am nächsten Morgen brach ich zeitig zur Delphinfütterung am Strand des Monkey Mia Resorts auf. Es ist die Hauptattraktion dieser Gegend. Ich möchte aber auch die riesigen Pelikane erwähnen die gierig jeder Fütterung beiwohnen.
Am Strand des Resort kann man sich auch herrlich entspannen, wenn man es mag unter Menschen zu sein. Hier traf ich zwei Schweizerinnen, denen ich bereits bei den Pinnacles begegnete. Was lag also näher um dies als Aufhänger zum Quatschen zu nutzen.
Die folgende Nacht verbrachte ich noch einmal in den Dünen um am folgenden Tag zurück zum North West Coastal Hwy zu fahren.
Aber wie ich nun einmal bin brachte ich es nicht übers Herz all die herrlichen Lookouts und Seitentracks auszulassen. So gelangte ich in die L´Haridon Bucht. Eine Bucht wieder für mich ganz alleine in der ich den heutigen Feiertag, den ANZAC Day, verbringen werde. Eine Bucht mit kristallklarem Wasser und kilometerlangen Muschelstrand.
Ich kann nur schmunzeln bei dem Gedanken an die Touristen, die sich am gegenüberliegenden Shell Beach drängen.

28.04.2002 Blowholes
Je weiter ich gen Norden fahre, desto einsamer werden die Straßen. Die Anzahl der leblosen Känguruleiber die das Asphaltband säumen steigt. Die Sonne nimmt an Intensität zu und die Vegetation wird flacher und spärlicher.
Ein Grauen für mich, wenn ich nach einem geeigneten Busch suche, hinter dem ich ungestört meine wichtigsten Meldungen des Tages absetzen kann. Bei erhöhter Dringlichkeit muss auch schon mal mein roter Wegbegleiter als Sichtschutz herhalten.
Auf meiner Fahrt nach Exmouth beschloss ich, nach einem kurzen Stop in Carnarvon, die Blowholes am Point Quobba zu besichtigen. In unmittelbarer Nähe dieser Naturfontänen fand ich ein hervorragendes Schnorchelparadies, an dem sich so gut wie keine Touristen aufhalten. Hier sind die Riffe unweit vom Strand in bestem Zustand und gut beim Schnorcheln zu beobachten.
Ganz das Gegenteil zur Coral Bay, deren Riffe durch den Massentourismus fast vollständig zerstört sind. Die Hauptattraktion hier: Schnorcheltouren mit Mantarochen oder mit den Walhaien. Doch dafür gibt es keine Garantie und schon gar kein Geld zurück.
Ich hoffe nur das ich während meiner Tauchausflüge am Ningaloo Reef solch faszinierende Momente erlebe.

30.04.2002 Ningaloo Marine Park
Die Tauchausflüge sind auf fünf Tage aufgeteilt. Dazu checke ich heute Abend auf dem “Village Dive” Campingplatz in Exmouth ein.
Die letzte Nacht verbrachte ich in den Dünen des Ningaloo Marine Parks, um eventuell das Schlüpfen der Jungschildkröten zu beobachten, das sich alljährlichen immer in diesem Monat an dieser Küste abspielt.
Nach Einbruch der Nacht legte ich mich, bewaffnet mit einer Taschenlampe und dem Fotoapparat am menschenleeren Strand auf die Lauer. Um die Zeit zu vertreiben erschuf ich neue Sternbilder oder äußerte meine Wünsche beim Aufleuchten einer der zahllosen Sternschnuppen.
Leider übermannte mich die Müdigkeit und so fand ich am nächsten Morgen nur noch die leeren Nester sowie die Spuren vor, die manchmal mit Umwegen am Meer endeten.
Die kleinen Dinger hätten ja wenigstens mal “Hallo” sagen können.

05.05.2002 Tauchen
Der letzte Tauchausflug wurde gestern wegen zu hoher Wellen, zu starker Strömung und dem damit aufgewirbelten Sand, der keine Sicht zuließ, abgeblasen. Muss daher zwei Tage nachbuchen. Es ärgert mich nicht, denn Sicherheit geht vor.
Verärgert war ich nur, weil ich neue Lebensmittel nachkaufen musste, denn mein "Fressbeutel", den ich im Kühlschrank der Campingplatzküche deponierte (so wie es viele taten), wurde von ausgehungerten Backpackern bis auf zwei Eier und ein paar faulen Zwiebeln radikal geplündert.
Sobald ich das erledigt habe, gehe ich vielleicht noch ein bisschen Schnorcheln oder zumindest in den Pool, damit das Gefühl fürs Wasser bis zum morgigen Tauchgang nicht verloren geht.
Bin jetzt schon ganz aufgeregt. Ich spüre bereits den knallengen Neoprenanzug, der jedes Pfund zu viel an mir kaschiert. Stets kommt es mir vor als ob er sich mit allen Mitteln dagegen wehrt meinen Körper zu umhüllen. Mit dem Bleigurt (ich brauche 10 kg um nach unten zu sinken), der Tarierweste, der Pressluftflasche, den Atemschläuchen, Brille und Flossen kommt man schnell auf 35 kg, die einen zu einem unaufhaltsamen Geschoss werden lassen, wenn man auf dem Weg zum Bootsheck bei erhöhtem Seegang das Gleichgewicht verliert.
Doch sobald einen das Wasser völlig umgibt fühlt man weder straffe Gurte, drückende Gewichte oder den viel zu engen Anzug. Man schwebt über den Meeresgrund, einem Manta gleich, hört nur noch den eigenen Atem und spürt die Luftblasen, die beim Ausatmen das Gesicht streicheln. Mit ein paar Flossenbewegungen erreicht man, in diesem für Menschen lebensbedrohlichen Element, die atemberaubensten Plätze, an denen es nur so vor Leben wimmelt.
Hier existieren scheinbar Gut und Böse harmonisch zusammen.Man vergisst fast das Atmen oder gar die Zeit, wenn man dem bunten Treiben zuschaut. Seeschlangen, Weißspitzenriffhaie, Schildkröten, Wobegongs, Stein- und Scorpionsfische, gelbe und pinkfarbene Anglerfische, Moränen, Delphine, Harlekingarnelen, Nacktschnecken und so weiter und so fort.
Ich bedaure die Leute die all das verpassen, weil sie es noch nicht gewagt haben in die Tiefen der Meere hinab zu tauchen.
07.05.2002 Traurigkeit
Ich könnte heulen. Nur noch 19 Tage bis zu meinem Rückflug. Wie doch die Zeit vergeht. Nach einer Woche verlasse ich Exmouth wieder in Richtung Perth. Meine Gedanken kreisen nur noch um die neue Registrierung und um einen geeigneten Platz zum unterbringen meines Freundes. Sobald ich dies geklärt habe ist der Weg für die, so hoffe ich, bald folgende nächste Reise geebnet.

26.05.2002 Abschied
Alles hat ein Ende und so vergingen die letzten zwei Wochen unangenehm schnell. Wohl auch, weil die Vorbereitungen für das nächste halbe Jahr eine Menge Arbeit mit sich brachten.
So kostete mich die neue Registrierung eine Menge Geduld und Geld, denn auch hier gibt es keine Plakette ohne eine Inspektion (gleich dem TÜV in Deutschland) und den damit, bei einem 20 Jahre alten Fahrzeug, anfallenden Reparaturkosten.
Glücklicher Weise konnte ich eine Garage bei einer Einlagerungsfirma zum Discountpreis anmieten und eine günstige neue Kfz - Versicherung abschließen.
Nun sitze ich im Flieger. Unter mir die flachen Weiten Australiens. Was hat es mir gebracht, 180 Tage über den Kontinent zu ziehen. Nun, ich habe mir einen Traum erfüllt, den ich aus Leidenschaft zu diesem Land immer weiter träumen werde. Meine Neugierde wurde zwar befriedigt, doch das Erlebte macht mich neugierig auf Mehr.
Für mich war es ein waghalsiges Abenteuer, auch wenn es für manch einen Simpel erscheint.
Bestimmt kennt jeder das Gefühl der Angst, neue Wege zugehen und neuen Situationen ins Auge zu schauen. Aber es bedarf nur eines Schrittes um diese Angst zu überwinden.
Ich fand meine Herausforderung hier im Land der Extreme. Zum ersten Mal in meinem Leben fühlte ich mich wirklich frei. Und nun...? Ich fliege nach Hause, doch mein Herz ist hier geblieben.

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